Im Rathaus befindet sich die Grazer Hauptwache, in der sich auch die französischen Besatzer einrichten. Es ist noch das schlichte Renaissancegebäude aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, das 1803 abgerissen und durch einen repräsentativeren klassizistischen Bau ersetzt wird.

Graz wird dreimal von französischen Truppen besetzt: 1797, 1805 und 1809. Beim letzten Mal wird nach der österreichischen Niederlage von Wagram die Festung auf dem Schloßberg gesprengt.

Während der Besatzung durch die Franzosen sorgt das Grazer Bürgerkorps für die Sicherheit in der Stadt. Zu seinen Aufgaben gehört es, Wachdienste zu leisten, Plünderungen zu unterbinden und Zusammenstöße zu verhindern.

Die Grätzer Bürger und die Franken auf der Hauptwache J. Mathieu, 1797

Napoleon als Sendbote der Revolution

Der französische Kaiser war nie in Graz. Napoleon allerdings schon. Bei seinem Aufenthalt 1797 war er noch General der französischen Armee. Der Stich zeigt französische Besatzer und Grazer Korpstruppen vor dem Rathaus. Die Darstellung kann als ein Bild spielerischer Sympathie für den Geist der Aufklärung gelesen werden. Die Reformen Josephs II. und Leopolds II. wirkten noch nach und so manche Grazer Bürger*innen waren vom reaktionären Regierungsstil des Kaisers Franz II. / I. enttäuscht. In den Franzosen sahen sie Sendboten der Revolution, die von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit kündeten.

Kupferstich, koloriert
Blattgröße: 33 × 48 cm (Rahmen: 52,5 x 68,5 cm)
Graz Museum

Dobler und Napoleon

Der Grazer Handelsmann und spätere Mitbegründer des Handlungsdienerinstituts (später Merkur-Versicherung), Franz Casper Dobler, war Oberkommandant der drei Grazer Bürgerkorps. Diese bildeten gemeinsam die sogenannte „Stadtfahne“ (eine städtische Schutztruppe, die auf Basis einer Art allgemeiner Wehrpflicht aufgestellt wurde) die Bürgerwehr und sorgten nach Abzug der regulären Regimenter für die innere Sicherheit der Stadt. Dobler war Freimaurer, sprach fließend Französisch und besaß diplomatisches Geschick. Er bewirtete 1797 Napoleon und 1810 dessen Bruder Louis Napoleon äußerst zuvorkommend, als die beiden Quartier in Graz bezogen. Gemeinsam mit Mitgliedern des Bürgerkorps beteiligte sich Dobler an der finanziellen Abfertigung der französischen Mineure (im Minenbau ausgebildeter Pinoniersoldaten) und der manuellen Abtragung einzelner Festungsanlagen. Damit wurde im Zuge der Schloßbergschleifung der Erhalt des Uhrturms und des Glockenturms sowie weiterer historischer Häuser in der Sackstraße sichergestellt.

Die Grazer*innen und die Besatzer

Obwohl das Bild von Mathieu eine lockere Atmosphäre zwischen der Grazer Bevölkerung, dem Bürgerkorps und den Franzosen signalisiert, bedeutete die Besatzung für die Stadt auch eine Bürde. Die Grazer*innen mussten für Proviant und Verpflegung der französischen Truppen aufkommen und verfügbare Militärgüter sowie Waffen bereitstellen. Da die reichen Bürger*innen vorsorglich die Stadt verlassen und ihre beweglichen Güter mitgenommen hatten, trugen die Hauptlast dieser Forderungen die mittleren und unteren Schichten. Auch finanziell wurde die Stadt durch hohe Tributzahlungen belastet.